Mehr Objekte als Arme. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Jonglage

Erinnert ihr euch noch, an die ersten Versuche Bälle zu jonglieren? Ich blickte konzentriert auf die Bälle und versuchte alle drei im Auge zu behalten. Meist vergeblich. Irgendwann hab ich mich dabei ertappt, dass ich wie ins Leere gestarrt habe. Wohl nicht ungewöhnlich.In diesem Beitrag erfahrt ihr was zu Erkenntnissen der Forschung bezüglich der Jonglage.

Die Psychologen Joost C. Dessing und Kollegen, York Universität Toronto, (2011) erforschen das Phänomen, des Starrens bei Jongleuren. Erfahrene Jongleure schauen nicht mehr auf die Bälle, sondern Blicken durch das Muster der Bälle hindurch. Es ist mehr ein Fokus auf die Mitte des Musters. Sie meinen, dass das Fixieren schlussendlich nur noch notwendig ist, um das Muster, den Trick, zu verfeinern.

Ein Herzschlag und ein Atem. Partnerjonglage.

Zirkus ist immer ein soziales Erlebnis. In der Jonglage findet sich das insbesondere beim Passing wieder, beim gemeinsamen Jonglieren.

An der Universität Chieti-Pescare in Italien erforscht der Sportpsychologe Edson Filho mit Kollegen (2015) das Passing. In vorläufigen Ergebnissen stellte sich eine starke Korrelation der Herz – und Atemfrequenz bei den beiden Jonglierenden heraus. Die Jongleure geraten also buchstäblich in einen Rhythmus, wenn sie miteinander jonglieren. Ein zweites vorläufiges Ergebnis bekamen sie beim messen der Gehirnwellen mit der Elektroenzephalografie. Sie fanden heraus, dass die Wellen ähnlich waren, wenn die Jongleure nur wenige Bälle gemeinsam jonglierten. Als sie mehr Bälle jonglierten, waren die Gehirnwellen unterschiedlich. Die Teamaufgabe – Passing – zeigte sich in den Köpfen auf unterschiedliche Weise, je mehr Bälle sie jonglieren mussten. Filho und Kollegen schlossen daraus, dass sich Partnerjonglage gut eignet, um die Arbeit des Gehirns bei dynamischen, interaktiven Teamaufgaben zu erforschen. Schließlich sieht man auch sofort, wenn einer einen Fehler macht: Ups, Ball runtergefallen.

Jonglieren fördert Gehirnplastizität

Die Bewegungsforscherin Marika Berchicci der Universität Rom (2017) zeigte, dass das Üben von komplexen zweihändigen koordinativen Fertigkeiten – Jonglieren – die Gehirnplastizität fördert. Anfänger nutzen bei der 2-Ball-Kaskade eher den prefrontalen Cortex, der für die Planung zuständig ist. Während erfahrene Jongleure  Gehirnregionen nutzen, die für die Bewegung zuständig sind. Die Psychologen vermuten, dass Jonglage kognitive Kontrolle verbessern kann, insbesondere bei alternden Menschen. Bei 6 – 14-jährigen Kindern konnte die Psychologin Petra Jansen einen Trainingseffekt nachweisen (2011). Nach dreimonatigem Jongliertraining lösten die Kinder schneller mentale Rotationsaufgaben. Sie konnten in kürzerer Zeit zwei- oder dreidimensionale Objekte gedanklich drehen. Ihr räumliches Denkvermögen verbesserte sich also nachweislich. Um solche Effekte zu erzielen, heißt es allerdings: Training, Training, Training! Dafür gibt es einen Tipp aus der Schlafforschung.

Trainieren. Dann Schlafen!

Schlummert nach dem Trainieren! Die Schlaffforscherin Yuko Morita von der Medizinischen Universität Tokyo (2016) fand in einer Trainingsstudie mit Kolleginnen heraus, dass Nickerchen nach dem Jonglieren die Leistung verbessern. Die Nickerchengruppe schnitt in einem zweiten Test am nächsten Morgen noch besser ab, als die Gruppe, die nach dem Training nicht schlief. Der nächtliche Schlaf half dem Bewegungslernen. In diesem Sinne wünsche ich nach dem Training immer einen guten Schlaf.

Literatur

  • Berchicci, M., Quinzi, F., Dainese, A., & Di Russo, F. (2017). Time-source of neural plasticity in complex bimanual coordinative tasks: Juggling. Behavioural Brain Research, 328, 87–94. https://doi.org/10.1016/j.bbr.2017.04.011
  • Dessing, J. C., Rey, F. P., & Beek, P. J. (2011). Gaze fixation improves the stability of expert juggling. Experimental Brain Research, 216(4), 635–644. https://doi.org/10.1007/s00221-011-2967-6
  • Filho, E., Bertollo, M., Robazza, C., & Comani, S. (2015). The juggling paradigm: a novel social neuroscience approach to identify neuropsychophysiological markers of team mental models. Frontiers in Psychology, 6. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2015.00799
  • Jansen, P., Lange, L., & Heil, M. (2011). The influence of juggling on mental rotation performance in children. Biomedical Human Kinetics, 3. https://doi.org/10.2478/v10101-011-0005-6
  • Morita, Y., Ogawa, K., & Uchida, S. (2016). Napping after complex motor learning enhances juggling performance. Sleep Science, 9(2), 112–116. https://doi.org/10.1016/j.slsci.2016.04.002

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert